
Wenn ich groß bin, dann mache ich, was ich will, dann bleibe ich so lange auf, wie ich will, dann gehe ich, wohin ich will. Dann kann keiner über mich bestimmen. Eine herrliche Vorstellung als Kind und ein Traum vieler Kinder - auch meiner.
Aber als Erwachsener fragt man sich, warum möchten Kinder nur möglichst schnell erwachsen werden? Es ist aus der Sicht eines Erwachsenen nicht wirklich zu verstehen. Kinder haben doch so viel Zeit, so viel Raum, ein so unbeschwertes Dasein. Frei von Verpflichtungen und Erwartungen. Nur ist es aus Sicht der Kinder so natürlich nicht. Verpflichtungen und Erwartungen gibt es allenthalben. Im Elternhaus, in der Schule, im Verein, wo man als Kind hinschaut, erwartet irgendjemand irgendetwas von einem. Warum also der Wunsch nach dem Erwachsensein?
Es bedeutet Freiheit und Selbstbestimmtheit. Das ist die eine Seite, die andere ist für Kinder nur bedingt sichtbar und wird erst im Laufe der Zeit erschlossen. Und das ist auch gut so.
Ich finde erwachsen sein oft ganz schön hart und anstrengend. Natürlich hat es auch absolut seine guten und vorteilhaften Seiten: ich kann so spät oder früh ins Bett gehen, wie ich will, ich kann Fernsehen schauen, so viel und so lang ich will, ich kann am Computer sitzen, so lange ich will, ich kann so viel Alkohol trinken, wie ich will. Ich kann Auto fahren, Geld ausgeben, selbst bestimmen, was ich mache. Alles wertvolle und nicht zu unterschätzende Dinge, die ich tun und lassen kann, wenn ich erwachsen bin. Nur klärt einen niemand darüber auf, was es sonst noch heißt, erwachsen zu sein.
Verantwortung übernehmen, ist so ein schöner Begriff, der mir da in den Sinn kommt. Klingt erstmal wenig spannend, denn das bekommen Kinder ja auch schon früh zu hören. Sie sollen Verantwortung übernehmen. Sie sollen im Haushalt helfen und Aufgaben übernehmen. Sie sollen ihre Hausaufgaben machen, Vokabeln lernen, gut mit ihrem Taschengeld umgehen. Haben sie für eine Arbeit nicht oder nicht genug gelernt und die Note fällt schlecht aus, dann sollen sie Verantwortung übernehmen.
Aber was bedeutet das eigentlich - Verantwortung für etwas übernehmen? Bei jeder einzelnen Entscheidung, die ich im Leben treffe, muss ich mir der Folgen bewusst sein. Ich muss darüber nachdenken, was mein Handeln für Folgen hat, für mich oder auch für andere. Mache ich mir die Folgen bewusst und bedenke ich die Konsequenzen meines Handelns, ist der erste Schritt zur Verantwortung getan. Das eigentliche Verantwortung-Übernehmen folgt aber erst dann, wenn ich zu den Folgen meines Handelns stehe, wenn ich mein Tun nicht rechtfertige, sondern ganz bewusst dazu stehe, weil ich mir die Folgen bereits im Vorhinein bewusst vorgestellt habe. Dann habe ich meine Entscheidung in dem Bewusstsein der möglichen Folgen getroffen und treten diese Folgen ein, nehme ich diese auf mich.
Heißt im Fall der schlechten Note, ich überlege mir vorher, welche Folgen es haben kann, wenn ich nicht oder zu wenig lerne. Ich mache mir bewusst, dass eine schlechte Note eine mögliche Folge sein kann und übernehme eben die Verantwortung, schiebe also die Schuld nicht auf die Eltern, den Lehrer, die wenige Zeit.
Das ist oft nicht leicht, denn es heißt, sich das eigene Handeln einzugestehen, sich vielleicht zu ärgern und es heißt vor allem, über das eigene Handeln nachzudenken. Das aber schafft auch Raum. Raum für eigene Entscheidungen, die ich so treffe, dass sie zu mir passen.
Lange aufbleiben ist eine tolle Sache, aber wenn ich morgens früh aufstehen muss, dann ist es schon nicht mehr ganz so toll. Sollte ich also früh ins Bett gehen, weil ich weiß, dass ich am nächsten Morgen frisch und fit aufstehen und zur Arbeit gehen muss? Oder sollte ich spät ins Bett gehen und dann am nächsten Morgen eben nicht frisch und nicht fit und müde und gereizt zur Arbeit gehen? Oder sollte ich gar einfach liegen bleiben und gar nicht zur Arbeit gehen, weil ich so müde und fertig bin, dass ich mich einfach nicht aufraffen kann? In jedem Fall liegt es ganz bei mir und die Folgen dieser Entscheidung trage ich ganz allein. Das ist die Freiheit, die ich habe.
Es braucht Mut, das Erwachsensein. Mut, Entscheidungen zu treffen. Mut, die Folgen zu tragen. Mut, so zu sein, wie man ist. Mut, das zu tun, was man für das Richtige hält. Und manchmal muss man auch einfach mal machen. Nicht nachdenken. Nicht abwägen. Ohne Angst und ohne alle Folgen zu bedenken. Sich einfach mal in das Abenteuer Leben stürzen. Das Leben spüren und mit ein bisschen Mut und einer Prise Übermut gelingen einem dann Dinge, von denen man gar nicht dachte, dass sie möglich sind.
Erwachsen sein ist sicherlich nicht immer einfach, aber es ist eine absolut tolle Sache. Es bedeutet tatsächlich Freiheit und Selbstbestimmtheit. Die Freiheit, Dinge, die man tun möchte, auch zu tun und die Selbstbestimmtheit, Entscheidungen so zu treffen, wie sie zu einem passen. Das Leben anpacken und leben. Genießen, dass man erwachsen ist und in manchen Momenten tatsächlich, mit Haut und Haaren, mit allem, was man hat, das tun, was man tun will.
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